Aufbrausend, arrogant, extrovertiert, respektlos, aggressiv und beleidigend – zutreffende Charaktereigenschaften von Chris, Dan, Mario und Marc – einer Clique, die in der Uni als die harten, starken Jungs bekannt sind.
Chris ist ein Alphatier, ein Gewinner und ein Kämpfer. Sein Äußeres kommt bei den Frauen an, seine Kumpels verehren ihn. Die Basketball Mannschaft ist unter der Führung von Chris und ganz nach dem Motto „Niemals Schwäche zeigen, niemals aufgeben!“ äußerst zielstrebig und ehrgeizig.
Das stereotypische Männerbild
All das und noch weitaus mehr steckt hinter dem von der Gesellschaft kreierten Bild von “typischer Männlichkeit”. Männer zeigen keine Schwäche, Gefühle sind was für Mädchen und um Hilfe bitten geht ja schon mal gleich gar nicht. Gesundheit ist zweitrangig, an erster Stelle müssen immer Erfolg und Selbstbewusstsein stehen.
Klingt alles sehr negativ? Ja, definitiv. Aber genau das ist leider die Realität vieler Männer und Personen, die sich als männlich identifizieren. Von klein an hören wir alle Sätze wie “Jungs weinen nicht” oder “Sei ein Mann”. Sätze, die viele Jahrzehnte lang von Eltern so dahingesagt wurden ohne, dass sie sich der Konsequenzen bewusst gewesen wären. Das Resultat daraus? Toxic Masculinity.
Was ist überhaupt Toxic Masculinity…
Toxic Masculinity – ein Begriff, der vielen sicherlich in den letzten Monaten und Jahren schon einmal begegnet ist. Doch was genau ist das jetzt eigentlich und vor allem – warum ist Toxische Maskulinität so problematisch?
Unter Toxic Masculinity versteht man die Schattenseiten des gesellschaftlichen Verständnisses von Männlichkeit. Also eben all jene tief verwurzelten Ausdrücke und Vorstellungen, die darauf abzielen, Männern und Jungen zu vermitteln, dass es bestimmte Charaktereigenschaften gebe, ohne die sie nicht als männlich wahrgenommen würden. Solche Charaktereigenschaften beinhalten zum Beispiel, dass Männer sowohl körperlich als auch mental stark und unabhängig sein müssten, denn alles, was mit Emotionen, Fehlern oder Problemen zu hat, seien Eigenschaften für Frauen – und damit Zeichen der Schwäche.
…und warum ist es so gefährlich?
Auch wenn all dies bereits ziemlich problematisch klingt – die Folgen für die betroffenen Männer (und das sind auf die ein oder andere Weise so ziemlich alle) sind noch tiefgreifender, als es auf den ersten Blick scheint. Es lässt sich unschwer erahnen, dass diese von der Gesellschaft und von anderen Männern vermittelten Verhaltensweisen sich sehr schädlich auf das Selbstbild von heranwachsenden Jungen auswirken. Dass es Männern und Personen, die sich als männlich identifizieren, schwer fällt, aus diesen seit der Kindheit antrainierten Mustern auszubrechen, muss wohl gar nicht erwähnt werden. Im Gegenteil – vermutlich würden sich mehr Menschen wundern, wenn ein Mann um Hilfe bittet oder offen über seine Gefühle spricht, als wenn er sich im Versuch, alles allein zu schaffen, überanstrengt oder gar verletzt oder angestaute Emotionen in Form von Wut und Aggression äußert. Solche gesellschaftlichen Strukturen sind zweifelsfrei extrem schädlich für alle, die sich davon angesprochen und unter Druck gesetzt fühlen. Doch wie krass die Auswirkungen tatsächlich sind? Drei Viertel der jährlichen Suizide werden von Männern begangen. Männer gehen wesentlich seltener zum Arzt. Essen deutlich weniger Obst und Gemüse. Weitaus weniger Männer werden mit psychischen Problemen diagnostiziert – weil sie einfach viel seltener psychologische Beratung aufsuchen. Toxische Männlichkeit schadet also sowohl auf einer mentalen als auch auf einer körperlichen Ebene und kann zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen.
Einen besonders guten Beitrag zum Thema mit vielen spannenden, aber auch schockierenden Zahlen und Fakten haben wir beim Podcast Wissen Weekly gefunden. Dort sprechen sowohl Betroffene als auch Experten und auch Männer, die Toxic Masculinity propagieren, über ihre Erfahrungen und Folgen eines falschen Männlichkeitsbildes. Wir können den Beitrag allen, die sich noch näher für das Thema interessieren, auf jeden Fall wärmstens empfehlen.