Rollencoaching: Einarbeitung für mehr Inklusion

Weltbewegendes

Inklusion: diverse people

Unsere Coaches für die Rolle der Sara erzählen von ihren Erfahrungen

Nachdem wir uns, wie im letzten Beitrag bereits erwähnt, umfassend mit dem Thema Cripping Up beschäftigt haben und uns der Kritik auch zu 100% annehmen möchten, stellte sich im Laufe der Preproduction die Frage, wie die Rolle der blinden Sara und Inklusion denn am authentischsten gestaltet werden kann. Die Antwort kam durch die (bisher leider nur virtuelle) Begegnung von Andrea und Julia, die sich bereit erklärten, Schauspielerin Denise zu coachen, dem Team für Fragen zur Verfügung zu stehen und die Produktion mit ihren eigenen Erfahrungen zu bereichern. Einige dieser Erfahrungen haben die beiden nun in einem ersten Kennenlerntreffen mit uns geteilt.

“Man ist nicht behindert, man wird behindert”

Julia B.

Diesen Satz hat uns Julia genannt, weil sie ihn als sehr zutreffend für ihren Lebensalltag empfindet. Wie sich nämlich herausstellte, ist das Leben mit verminderter Sehkraft (die meisten Menschen sind tatsächlich gar nicht vollständig blind) für die beiden gar keine so große Herausforderung, wenn man einmal von der anfänglichen Umgewöhnung nach der Diagnose absieht. Das eigentliche Problem stellen eigentlich wir dar. Diejenigen von uns, die vollständig sehen können und nicht wissen, wie man mit einer Person, die “anders” ist, umgehen soll. Diejenigen, die körperlich beeinträchtigten Menschen auch absprechen, geistig fit zu sein und über sich selbst entscheiden zu können. Diejenigen, die verantwortlich für Anträge und bürokratische Arbeit sind, sich aber nicht genug in die Materie einarbeiten. Diejenigen, die Sehbehinderten ihre Hilfe verweigern. Aber auch diejenigen, die helfen wollen, aus Unwissen jedoch die falsche Art von Hilfe wählen. Die meisten sehbehinderten Menschen kommen für gewöhnlich nämlich sehr gut im Alltag klar und würden noch nicht einmal als beeinträchtigt auffallen, hätten sie keine Hilfsmittel wie Blindenstöcke dabei. Sowohl Julia als auch Andrea berichteten, dass sie sich eigene Strategien zurecht gelegt haben, um möglichst ohne Hilfe in der Welt zurecht zu kommen. Wusstet ihr, dass man zum Beispiel Litfaßsäulen und Hauseingänge hören kann? Diese können als Orientierungshilfe dienen, weshalb die beiden sich auch durchaus zumuten, alleine fremde Umgebungen draußen zu erkunden. Schwieriger wird es dann schon bei Innenräumen, da es weniger Anhaltspunkte für die Orientierung gibt. Hier vermeiden die beiden es dann doch lieber, dort zum ersten Mal alleine hinzugehen und wenn das einmal nicht möglich sein sollte, so sind sich Andrea und Julia einig, können sie sich immer ins Gedächtnis rufen, dass ihnen nichts passieren kann und wenn es gar nicht mehr anders geht, findet sich auch immer jemand, den man freundlich um Hilfe bitten kann. Auch beim Thema Hobbys haben die beiden uns überrascht. Klettern, kochen, backen, Tandem fahren, Tennis spielen, singen, gärtnern, lesen, Kanu fahren, Podcasts hören, Filme sehen – es gibt kaum etwas, das die beiden sich nicht zutrauen würden. Lediglich Julia kämpft etwas mit der Angst, dass sie ihre Erwartungen bei ihrem früheren Hobby zeichnen nicht erfüllen kann und hat dieses deshalb aufgegeben.

Aber Moment mal – lesen ist ja noch halbwegs klar. Man besorgt sich einen Ebook-Reader und vergrößert die Schrift.

Aber Filme sehen? Wie geht denn das? 

Das ist natürlich der Bereich, der auch unsere Produktion brennend interessiert. Die Antwort lautet: Audiodeskription, also die gesprochene Beschreibung dessen, was gerade auf dem Bildschirm passiert. Julia und Andrea sind beide große Verfechterinnen der Audiodeskription, weshalb sie sofort begeistert davon waren, dass die Inklusion nicht nur vor der Kamera, sondern auch in der letztendlichen Ausstrahlung wichtig für uns ist und wir planen, Audiodeskription anzubieten. Diese bringt nämlich abgesehen von der Inklusion noch andere Vorteile mit sich. Zum Beispiel empfinden Mitseher die Geräusche oft als störend, wenn ihnen erklärt werden muss, was auf dem Bildschirm gezeigt wird. Außerdem ist die Beschreibung meist so detailreich, dass auch vollständig Sehende durch die Audiodeskription auf Elemente im Bild aufmerksam werden, die sie sonst völlig übersehen hätten. Unsere Coaches freuen sich also genau wie wir schon riesig auf die Produktion und die Ausstrahlung der Serie.

Hier ist noch ein abschließender Rat, der für Schauspielerin Denise bestimmt war, den wir aber sicherlich alle manchmal gut in unserem Leben brauchen können: Verliere deinen Humor nicht – über sich selbst lachen zu können und dürfen ist sehr wichtig.

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